Zur Zeit ist es in den Medien gängige Praxis die SPD herunterzuschreiben. Frank Hofmann wurde dabei von der Main-Post zu einem Interview aufgefordert. Nachfolgend seine Stellungnahme.
Freitags-Fragen: Frank Hofmann über das Rentner-Dasein, wie er die SPD sieht und was er an Michael Glos mag
Im Paradies statt nach Berlin
Frank Hofmann war 19 Jahre lang SPD-Bundestagsabgeordneter. Seit dieser Legislaturperiode ist der Volkacher im Ruhestand. Ein Gespräch über das Leben nach der Politik.
Frage: Wären Sie gerne noch Bundestagsabgeordneter?
frank Hofmann: Ein entschiedenes Nein. Ich habe zum richtigen Zeitpunkt aufgehört.
Wie oft sind Sie noch in Berlin?
Hofmann: Ich bin regelmäßig einmal im Monat in Berlin für zwei, drei Tage als Mitglied der G-10-Kommission. Wir kontrollieren die Fernmeldeüberwachungen von MAD, BND und Bundesverfassungsschutz.
Was vermissen Sie an Berlin?
Hofmann: Nichts. Meine Mutter war Berlinerin; sie zog es bis zu ihrem 85. Geburtstag jedes Jahr wieder nach Berlin. Dies habe ich besser verstanden als ich in Berlin gearbeitet habe. Aber ich bin in Mainfranken geboren und aufgewachsen. Mich zog und zieht es nach Mainfranken.
Wann und warum sind Sie in die SPD eingetreten?
Hofmann: Mitte der 70er Jahre - aber das hatte natürlich einen Vorlauf. Etwa ab Mitte der 60er Jahre, da war ich 16 Jahre alt, hat mich die Politik interessiert. Erst war es das Erstarken der NPD, dann der Bau des Atomkraftwerks in Grafenrheinfeld. Dagegen habe ich gekämpft. Im Studium der Wirtschaftswissenschaften hat sich bei mir die Erkenntnis durchgesetzt, das die Marktwirtschaft wohl das effiziente Produktionssystem ist - aber in der Einkommens- und Vermögensverteilung ungerechte Ergebnisse liefert. Für mich war und ist die SPD die Partei, die am ehesten den Ausgleich zwischen diesen Zielen erreichen kann.
Wenn Sie nicht Berufspolitiker geworden wären . . .
Hofmann: . . . .wäre ich Kriminalbeamter beim Bundeskriminalamt geblieben.
Welche Krimis mag der ehemalige Kriminaloberrat besonders?
Hofmann: Ich bin Wolfgang-Schorlau-Fan. Er schreibt politische Kriminalromane und sein Held ist ein ehemaliger BKA-Ermittler. Inhaltlich geht es um die Privatisierung der Wasserwirtschaft, den Afghanistankrieg oder auch den Sprengstoffanschlag auf dem Münchener Oktoberfest.
Zeit zum Lesen haben Sie jetzt - wie einfach/schwer war der Wechsel ins Rentnerdasein?
Hofmann: Relativ einfach. Die ersten Monate waren ein Wechsel zwischen Wahlkampf und Urlaub, dann habe ich die notwendige Hüft-OP machen lassen.
Wie groß ist inzwischen Ihr Abstand zur Politik?
Hofmann: Zur Politik habe ich keinen Abstand. Politik macht den Großteil meines Lebens aus, aber aus der Partei habe ich mich zurückgezogen. Wenn man nicht mehr in Verantwortung und Funktion ist, gibt man auch keine Ratschläge mehr. Da habe ich mir den Satz von Johannes Rau zu Eigen gemacht: Auch Ratschläge können Schläge sein.
Ist die SPD noch eine Volkspartei?
Hofmann: Wenn man das fragt, muss man auch fragen, ob es denn die CDU noch ist, die in Berlin auch um die 21 Prozent hat. Die SPD stellt immerhin in neun Bundesländern den Ministerpräsidenten. Meine Frage: Wollen die Wähler noch die Volksparteien? Meine These: Die Individualisierung in unserer Gesellschaft führt auch dazu, dass sich die Wähler verstärkt den kleineren Parteien zuwenden, die nicht das gesamte politische Spektrum abbilden, aber einzelne Politikfelder und Projekte besonders engagiert vertreten. Die Folge wird sein, dass die Stabilität des Regierens darunter leidet.
Aber um die 20 Prozent? Hat sich die SPD von den Menschen entfernt?
Hofmann: Die SPD war eine klassische Arbeiterpartei. Aber gibt es ,den' Arbeiter noch? Die Industrieproduktion nimmt in Deutschland ab, die Dienstleistungsgesellschaft wird wichtiger. Betrachtet man die soziale
Schichtung in Deutschland dann wird klar, jeder zweite Deutsche sieht sich in der Mittelschicht und damit der klassischen Arbeiterschaft entwachsen. Das hat natürlich negative Auswirkungen für die SPD. Die ungleiche Verteilung der Einkommen und des Vermögens zu minimieren, bleibt für uns eine besonders wichtige Aufgabe. Es gibt noch genügend klassische Politikfelder für die älteste demokratische Partei Deutschlands.
Sigmar Gabriel ist für mich . . .
Hofmann: . . . eine Persönlichkeit, die in einer schwierigen Phase die Führung der SPD übernommen hat. Er wird nicht von allen gemocht, wie der SPD-Bundesparteitag gezeigt hat, aber er zeigt Führungsverhalten.
Viele sagen, durch die Zersplitterung und das Aufkommen der AfD sei die Demokratie in Gefahr. Was sagen Sie?
Hofmann: Die Menschen, die die Freiheit lieben, müssen wissen, dass jede Generation sich die Demokratie neu erkämpfen muss. Es gilt das Wort von Willy Brandt: 'Nichts kommt von selbst und nur wenig ist von Dauer. Darum - besinnt euch auf eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will!'
Welche eigene Antwort haben Sie auf die Flüchtlingskrise?
Hofmann: Dazu braucht es viele und offene Herzen. Wer glaubt, man könnte seinen Wohlstand auf Dauer erhalten, wenn man andere in Armut hält, wird in den nächsten Jahrzehnten sein blaues Wunder erleben, wenn die Armen dieser Welt immer mehr werden, Dank der Globalisierung sehen sie, wie man in den reichen Staaten lebt. Damit wird die weltweite Wanderung zunehmen. Man wird sich dann möglicherweise mit Gewalt holen, was man ihnen heute nicht freiwillig gibt.
"Zur Politik habe ich keinen Abstand."
Frank Hofmann
Jetzt können Sie es ja verraten: Wie war Ihr Verhältnis zu Michael Glos?
Hofmann: Das war nicht vorhanden, solange er als CSU-Generalsekretär gezündelt hat. Wenn es um den Wahlkreis ging, haben wir immer an einem Strick gezogen und jeder seine Verbindungen eingesetzt. In den letzten Jahren habe ich seine politisch-philosophischen Aussagen, die oft sehr verschmitzt daher kamen, schätzen gelernt.
Was macht der private Frank Hofmann?
Hofmann: Fahrradfahren in Mainfranken. Es gibt viele Momente, wo ich denke, hier ist das irdische Paradies. Und natürlich Tischtennis spielen und zuschauen. Tischtennis ist auch ein Seniorensport: Kondition, Konzentration und Koordination werden dadurch gefördert - sagte mir ein Würzburger Sportprofessor.
Was mögen Sie am Landkreis Kitzingen besonders?
Hofmann: Ich fühle mich in meiner Heimat sehr wohl, die aber nicht durch die Landkreisgrenze zu beschreiben ist. Ich habe in den 19 Jahren, die ich für den Wahlkreis arbeiten durfte, viele Menschen kennen gelernt, die diese Region mit Herz und Verstand gestaltet haben. Es ist für mich etwas Besonderes, mit diesen engagierten Menschen in einem der schönsten Landstriche leben zu dürfen.